Walter Schäfer

"Corporibus caecis igitur natura gerit res"

Lukrez, De Rerum Natura 1/329

Eine neue Synthese von N-Alkyl-isoindolen (Auszugsdruck)

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Von der Fakultät für Chemie der Technischen Hochschule

Erlangung der Würde eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)

Dissertation Vorgelegt von Diplom-Chemiker Walter A. Schäfer aus Alsbach a.d.B.

Berichterstatter: Prof. Dr. Ing. Dr. rer. nat. h. c. C. Schöpf

Mitberichterstatter: Prof. Dr. H. W. Kohlschütter

Darmstadt 1961

Die Synthese des Isoindols ist trotz mehrfacher Bearbeitung (u. a. J. Bornstein, S. P. Bedell, P.E. Drummond und C.L. Kosloski, J. Am. Chem. Soc. 78, 83 [1956]) noch nicht gelungen.

Eine Möglichkeit der Synthese bot sich in der Pyrolyse von N-Alkyl-isoindolin-N-oxyden, die bei Vorhandensein von $-ständigem Wasserstoff unter Olefineliminierung das noch nicht bekannte N-Hydroxy-isoindolin liefern könnte. Dieses könnte durch Abspaltung von Wasser in das ebenfalls noch nicht bekannte Isoindolenin bzw. in das tautomere Isoindol übergehen.

Wie sich zeigte, verläuft die Pyrolyse der N-n-Alkyl-isoindolin-N-oxyde jedoch nicht unter Olefin-Eliminierung, sondern in einer bisher unbekannten Reaktion unter Eliminierung von Wasser zu den von G. Wittig und Mitarbeitern (Liebigs Ann. Chem. 572, 1 [1951]) und von W. Theilacker und Mitarbeitern (Liebigs Ann. Chem. 584, 87 [1953]) untersuchten N-substituierten Isoindolen.

Vom o-Xylylenbromid ausgehend, dessen Darstellung präparativ wesentlich verbessert werden konnte, wurden in Anlehnung an Arbeiten von M. Scholtz (Ber. dtsch. Chem. Ges. 31, 1707 [1898]) durch Umsetzung mit den entsprechenden primären Aminen in Chloroform folgende N-Alkyl-isoindoline gewonnen (Reinausbeute, Schmp., Siedepunkt): Athyl-79,2%, 115—116°/jo, Isopropyl- 68,1%, 144—146°/s, tert.-Butyl- 68,9%, 41°, 129—133°/a1, Butyl- 49,2%, 143—145°/i, Phenyl- quantitativ, 165°, Benzyl- 63,5%, 44°, 115 °/0,09-

Das /sopropyl-isoindolin war noch nicht bekannt. Für alle N-Alkyl-isoindoline sind λmax, bei 257, 264 und 270 mμ. charakteristisch, beim N-Benzyl-isoindolin tritt noch eine Bande bei 208 mμ hinzu.

Durch Umsetzung dieser tertiären Amine mit H20;, in Methanol gelingt mit Ausnahme des N-Phenyl-isoindolins deren Überführung in die entsprechenden N-Alkyl-isoindolin-N-oxyde, die alle noch nicht beschrieben.

sind (Ausbeute, Schmp. und Schmp. des Hydrogenoxalates): Athyl- 87%, 98—102°, 170° (Zers.), /sopropyl- 59,2%, 95—97°, 176°, Butyl- 92,7%, 125—126°, 181°, tert. Butyl-77,5%, 118°, 178°, Benzyl- 65,4%, 168°, 187—187,5°.

Die Pyrolyse des N-Athyl- und des N-Butyl-isoindolin-N-oxydes führte nun nicht unter Eliminierung von Olefin zu N-Hydroxy-isoindolin, sondern in etwa 30%iger Ausbeute unter Sauerstoffabspaltung zu N-Äthyl- bzw. N-Butyl-isoindolin und in etwa 60%iger Ausbeute zu N-Äthyl- bzw. N-Butyl-isoindol. Diese Isoindole konnten nicht rein dargestellt werden, da sie im Gemisch mit den entsprechenden tertiären Aminen anfielen, welche weder durch Destillation noch durch saure Extraktion aus dem Gemisch abgetrennt werden konnten. Die N-Alkyl-isoindole erwiesen sich als extrem säureempfindlich, geben sofort eine rotviolette Ehrlich-Reaktion und ihre ätherische Lösung färbt die Haut schwarz. Sie sind nicht basisch, verharzen aber mit verdünnten Säuren sofort. Ihre Charakterisierung als Maleinsäure-Anhydrid-Addukte gelang nicht, doch konnten sie in Form ihrer Trinitrobenzolate einwandfrei charakterisiert werden. Das N-Butyl-isoindol-trinitrobenzolat schmilzt bei 97°, das N-Äthyl-isoindol-trinitrobenzolat bei 121°. Sie kristallisieren beide als schöne, dunkelrote, lange, verfilzte Nadeln. Die Darstellung des N-Äthyl-isoindol-trinitrobenzolates gelang auch auf einem anderen Wege. Analog einer Vorschrift von G. Wittig, G. Closs und F. Mindermann (Liebigs Ann. Chem. 594, 89 [1955]) konnte durch Abbau von N. N.-Diäthyl-isoindolinium-jodid mit KNH; in flüssigem NH; dasselbe Trinitrobenzolat erhalten werden, wie man es auch aus der Pyrolyse von N-Äthyl-isoindolin-N-oxyd erhält. Hierbei wurde das noch nicht bekannte N.N.-Diäthyl-tsoindolinium-jodid in einer Ausbeute von 78,8% aus N-Äthyl-isoindolin und ÄAthyljodid dargestellt (Schmp. 114,5°).

Aus dem Rohpyrolysat des N-AÄthyl-isoindolin-N-oxydes ließ sich das N-Athyl-isoindol-trinitrobenzolat in 62,7%iger Ausbeute isolieren. Bei Extraktion des Rohpyrolysates mit Petroläther und Hochvakuum-destillation des Extraktrückstandes konnten jedoch nur 26,6% Ausbeute an Trinitrobenzolat bezogen auf N-Äthyl-isoindolin-N-oxydhydrat erreicht werden. Die N-Alkyl-isoindole konnten aus den Trinitrobenzolaten weder durch Sublimation noch durch Wasserdampfdestillation noch Naphthalin oder Anthracen gelang nicht. Die Berechnung der Bindungsenthalpie aus der Lage der Charge-transfer-Bande der Elektronen-Donator-Akzeptor-Komplexe im sichtbaren Spektrum nach G. Briegleb und J. Czekalla (Angew. Chem. 72, 401 [1960]) ergab für das N-Athyl-bzw. N-Butyl-isoindol-trinitlrobenzolat Bindungsenthalpien von etwa 6,0 bzw. 5,6 kcal/Mol. Damit ist die Komplexbindung stärker als die in Anthracen-trinitrobenzolat.

Ferner konnte gezeigt werden, daß die Pyrolyse von /soindolin-N-oxyden mit «-C-verzweigten N-Substituenten z. T. unter Hydroxylaminbildung abläuft.

Ein Verfahren von D. W. Adamson (J. Chem. Soc. 1949, Suppl. 144) zur Darstellung von $-Pyrrolidino-propionsäure-äthylester konnte durch Verkürzung der Reaktionsdauer in der Ausbeute von 40 auf 92,5% verbessert werden.

Die neue, bisher unbekannte Synthese von N-Alkyl-isoindolen ist gleichzeitig auch ein neuartiger Reaktionstyp der Pyrolyse von N-Oxyden.

Lebenslauf:

Am i9. Februar 1930 wurde ich als Sohn des Schlossers Albert Schäfer und dessen Ehefrau Elisabeth, geb. Dunstädter in Alsbach a. d. B. geboren. Von 1936 bis 1944 besuchte ich die Volksschule in Alsbach, von 1944 bis 1945 die Lehrerbildungsanstalt in Bensheim und von 1946 an das Aufbau-Realgymnasium Traisa bei Darmstadt, wo ich im September 1949 die Reifeprüfung ablegte. Nach einem längeren Studienaufenthalt in Frankreich begann ich im Wintersemester i950/5i das Studium der Chemie an der Technischen Hochschule Darmstadt. Im Februar 1954 legte ich das Diplom-Chemiker-Vorexamen und im Juni 1957 die Diplom-Chemiker-Hauptprüfung ab.

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Institut für Organische Chemie der Technischen Hochschule Darmstadt - February 1961